Interpretation "Die Wollust"
Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau: "Die Wollust"
Analyse
Dem Gedicht „Die Wollust“ von Christian H. von Hoffmannswaldau liegt der im Barock typische Grundgedanke carpe diem - „Nutze den Tag“ zu Grunde. Die Überschrift lässt bereits erahnen, dass dieses Gedicht von der Lust und deren Bedeutung für Menschen, handelt. Das Gedicht besitzt das typische Reimschema >> a b b a c c << und als Versmaß den sechshebigen Jambus.Sechs Zeilen bilden immer eine, von den insgesamt sechs, Strophen. Diese bestehen aus einem umschließenden Reim (abba) und aus einem Paarreim (cc). Der Rhythmus unterstützt dabei die Stimmung des Gedichtes.
Der Dichter verwendet meistens Aussagesätze, welche mehre Zeilen oder in den beiden letzten Strophen sogar die gesamte Strophe umfassen. Der Zusammenhang des Inhaltes wird durch den häufig, von Christian H. von Hoffmannswaldau genutzten, Parallelismus und durch die immer wiederkehrenden Motive unterstützt und gewährleistet. Die sehr häufig angewendeten Metaphern, wie beispielsweise „der Zucker der Zeit“ und „öffnet uns den Schatz“ in der ersten und dritten Verszeile, unterstreichen die Bedeutsamkeit von Freude, Liebe und Begierde. Da diese bildhaften Vergleiche zahlreich in der Dichtung vorkommen, erhält der Leser ein umfangreiches Bild, welches den Genuss und die Freude an der Wollust beschreibt. Sehr gern setzt von Hoffmannswaldau gezielt die Personifikation „Mutter Natur“ ein, was aussagen soll, dass die Menschen von ihr ungespart die Lust in die Wiege gelegt bekommen haben, um das Leben in vollen Zügen genießen zu können.
Es lassen sich jedoch auch andere Stilmittel, wie die rhetorische Frage in der zweiten Zeile, finden. Dem Leser, dem die Antwort bekannt ist, wird so die Wollust als das Wichtigste im Leben vermittelt. Wortneuschöpfungen (Neologismen) wie „Zuckerstrom“ oder „Weltgeschmack“, zeigen zudem eindeutig auf, dass der Dichter den Genuss an Frohsinn, Heiterkeit und Sinnlichkeit, als das Schönste im Leben eines jeden Menschen ansieht. Diese Einschätzung wird besonders durch den Klimax im ersten Vers der fünften Strophe verstärkt. Mit den Hyperbeln, das ein Mensch ein Scheusal dieser Welt sei, wenn er nicht nach den Lehren des Philosophen Epicur lebt, zeigt die Bedeutung der Wollust des lyrischen Ich's auf. Es wird in dieser Strophe ausgesagt, dass der Sinn des Lebens im Streben nach Glück durch Freiheit von Schmerz und Unruhe und durch den Genuss von Freude und Lust liegt. Denn alle Menschen, die dieser Lehre keine Beachtung schenken, sind nach der Meinung des lyrischen Ichs nicht wert Mensch zu sein. Es empfiehlt uns, das Streben nach Glückseligkeit und Lust zur Bestimmung unseres menschlichen Handelns und Verhaltens zu machen. Und diese Begierde und Wollust hat, seiner Meinung nach, uns glücklicher Weise „Mutter Natur“ gegeben, dass heißt es ist in unseren Genen veranlagt und wir sollten diese Anlage darum im vollem Umfange auskosten und nicht unglücklich auf den Tod warten – ganz nach dem Grundgedanken „carpe diem“ - „Nutze den Tag“.
Vergleich mit Gedicht "Die Welt"
Wenn man dieses Werk („Die Wollust“) mit in der selben Zeit erschienenen Gedichten, wie zum Beispiel „Die Welt“ vergleicht, so fallen dem Leser die Gemeinsamkeiten wie auch einige Unterschiede auf. Man wird sofort erkennen, dass (fast) allen Werken, welche im Barock entstanden sind, mindestens einer der beiden Motive -memento mori- („Gedenke des Todes“) oder -carpe diem- („Nutze/Genieße den Tag“) zu Grunde liegt.
Im Vergleich dieser beiden oben genannten Gedichte (vom gleichem Autor), erkennt man, dass das Metrum (Versmaß) ein Jambus ist. Beide enthalten die im Barock typischen Mittelzäsuren, auch wenn dies im Gedicht „Die Welt“ deutlicher wird. Zugleich lassen sich auch bei den verwendeten Stilmitteln Gemeinsamkeiten erkennen. Der Parallelimus findet, wie auch die bildhaften Vergleiche (Metaphern) häufig Anwendung. Metaphern eignen sich hervorragend für die Dichter, umso mit mithilfe der Phantasie gefühlsvolle, vorstellbare Vergleiche zu ziehen. Rhetorische Fragen werden sowohl im ersten Gedicht „Was kan[n] uns mehr denn sie den Lebenslauf versüssen?“ (V. 2) wie auch im Zweiten „Was ist die Welt und ihr berühmtes [G]läntzen?“ verwendet. Auch Hyperbeln und Personifikationen gibt es in beiden Werken.
Sie unterscheiden sich jedoch in der Gliederung der Strophen und im Reimschema. Außerdem kommen auch unterschiedliche Stilfiguren, wie zum Beispiel im Gedicht „Die Wollust“ eine Tautologie vor, während in dem Gedicht „Die Welt“ sehr häufig Anaphern auftreten. Der Inhalt ist natürlich ebenfalls ein Anderer, die Aussagen könnten nicht unterschiedlicher sein. Man erkennt nun sehr schnell, dass bei diesen beiden Gedichten die Gemeinsamkeiten, vor allem im Aufbau und bei den Stilmitteln, überwiegen und dadurch charakteristische Merkmale für den Barock darstellen.