Orgel- und Instrumentenbau in Werdau/Sachsen

Ansichtskarte mit Blick zur Harmonium und Möbelfabrik
Ansichtskarte mit Blick zur Harmonium und Möbelfabrik [Quelle: Firmenarchiv von Herrn Gottfried Müller, Langenbernsdorf]

Die Wurzeln des Musikinstrumentenbau in Werdau lassen sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Schon 1794 bestand in Werdau die Instrument- und Clavierwerkstätte Beck, die 1808 von Herrn Temper fortgesetzt wurde. Ab 1846 begann Gotthilf Bärmig, ein Schüler des bekannten Orgelbaumeisters Urban Kreutzbach aus Borna, die Produktion von Orgeln und Melodions. 1854 wurde er für seine Arbeit mit der Silbernen Staatsmedaille ausgezeichnet. Viele Orgeln in der näheren Umgebung (Werdaus), so in Lauterbach, Langenhessen, Beiersdorf, Blankenhain, Klingenthal und Schöneck stammen von ihm.


Zu Pfingsten 1887 übernahm Georg Emil Müller, ein Enkel von Urban Kreutzbach, die Bärmigsche Orgelbauanstalt. Bereits 1888 konnte erweitere er die Werkstatt und zog in die Parkstraße in Werdau um. 1890 nahm er zusätzlich die Harmoniumproduktion auf, zunächst begann Georg Emil Müller mit dem Bau von Druckwindharmoniums. Später ab 1892 stellte er die Produktion auf die Herstellung von Saugwindharmoniums um. In der Folgezeit erweiterte er seine Firma mehrfach. Insgesamt baute Georg Emil Müller bis 1905 40 Orgeln, so in Crimmitschau, Reichenbach, Grimma (Klosterkirche), Langenbernsdorf und Niederalbertsdorf. Mit einem Umzug in die Werdauer Pestalozzistraße 1909 erfolgte eine beträchtliche Erweiterung des Unternehmens.


1910 übergab er dann den Betrieb an seinen Sohn Georg Kurt Müller (Technischer Geschäftsführer) und seinem Schwiegersohn Arwed Brandner (Kaufmännischer Geschäftsführer). Eine weitere Erweiterung des Unternehmens konnte 1918 verwirklicht werden. 1927 wurde das 60000. Harmonium zur Auslieferung gebracht. Die Firma war zu diesem Zeitpunkt das größte europäische Unternehmen seiner Art – die Instrumente hatten Weltruf. Mehrfach wurden die Produkte auf Ausstellungen und Messen mit Medaillen ausgezeichnet. Der sächsische König ernannte die Firma zur „Hof-Harmoniumfabrik“.


Der von Rudolf Brandner seit 1925 betriebene Pianobau wurde 1928 mit der Firma verbunden. In Zeiten der Weltwirtschaftskrise erfolgte 1931 zusätzlich die Aufnahme der Möbelproduktion. Am 27. Juni 1937 konnte man das 50-jährige Firmenjubiläum feierlich begehen.Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 erfolgte zunehmend Produktion fürs Militär, der zivile Anteil der produzierten Waren ging dabei immer mehr zurück. Während des Krieges erfolgte auch der Einsatz von 8 serbischen Fremdarbeitern, da eigene Arbeitskräfte zum Militär eingezogen wurden. Diese erfuhren nachweislich die gleiche gute Behandlung wie deutsche Arbeiter einschließlich der Zahlung von Weihnachtsgeld.


Nach dem Tod von Arwed Brandner im Jahre 1940 wurde die Firma am 1. Oktober 1941 zur Kommanditgesellschaft umgewandelt. Nach Kriegsende 1945 wurde der Betrieb unter sowjetische Zwangsverwaltung gestellt. Ab 1945 erfolgte die Umstellung der Produktion auf Möbel und Holzwaren für die Bevölkerung, sowie auf die Erfüllung militärischen Aufträgen für die sowjetischen Besatzer. Die Firma Emil Müller KG dann 1948 entschädigungslos enteignet und zum VEB „Qualitätsmöbelwerke Werdau“ umgewandelt. 1950 wurden aus Altmaterial die letzten 6 Harmoniums für einen Kunden in Übersee hergestellt.

 

Entdecken Sie den Pfad der Erinnerungen auf dem Werdauer Waldfriedhof. Mario Buchhold hat dazu einen schönen Geocache anlegt. Vielen Dank dafür. Weitere Informationen unter www.geocaching.com

Im Auftrag des Werdauer Waldfriedhofes und der Stadtverwaltung Werdau (Grünflächenamt) für das Projekt Pfad der Erinnerungen - 2006/2007.

Quellen:

  • Firmenarchiv von Herrn Gottfried Müller, Langenbernsdorf
  • Stadt- und Dampfmaschinenmuseum Werdau, insbesondere Herrn Olaf Kreßner
  • Stadtarchiv Werdau, Frau Birgit Bauer
 
Für die Hilfe zu diesem Artikel möchte ich mich besonders bei
Herrn Gottfried Müller für seine zahlreiche Hilfe bedanken.